Kurzbeschreibung
Das Projekt „Virtual Reality Forestry Training” entwickelte eine neue Lehr- und Lernumgebung für eine nachhaltige Forstwirtschaft
„Die Aus- und Weiterbildung in der Forstwirtschaft muss sich neu erfinden. Die Gründe hierfür sind die stetig neuen Anforderungen an die Waldbesitzenden durch Klimaveränderungen sowie ein sich derzeitig vollziehender Generationswechsel. Dabei verschärft die aktuelle Corona-Pandemie nochmals die Notwendigkeit einer virtuellen Lehr- und Lernumgebung“, betonte Projektleiter Prof. Dr. Oliver Thomas vom Fachgebiet für Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik der Universität Osnabrück. „Das Besondere im Verbundprojekt ist die Verbindung von moderner Didaktik und neuester Technologie, welche ein wesentlicher Mehrwert in der Lernerfahrung für den Nutzenden darstellt.
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Forschungsgegenstand
Im Projekt werden insbesondere Kleinprivatwaldbesitzende angesprochen, die eine Waldfläche unter 20 Hektar besitzen. In den nächsten Jahren findet besonders in dieser Zielgruppe ein Generationswechsel statt, was zu einer Erhöhung von Waldeigentümern ohne einschlägige forstwirtschaftliche Kenntnisse führt. Dabei besteht die Gefahr, dass sie lediglich zu passiven Eigentümern werden. Eine aktive und fachlich korrekte Pflege und Bewirtschaftung des Waldes ist jedoch notwendig, um ihn an den neuen Anforderungen durch den Klimawandel auszurichten und weiterhin als CO2-Senke dienen zu können. Durch die virtuelle Lehr- und Lernumgebung sollen Waldbesitzer aktiv befähigt werden, eine nachhaltige, naturnahe Waldwirtschaft leisten zu können. Somit wird neben dem direkten Nutzen für die Waldbesitzenden ein indirekter Nutzen für eine nachhaltige, naturnahe Ausrichtung der Wälder geschaffen.
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Projektziel
Ziel des Projektes ist die Digitalisierung von Vor-Ort-Waldschulungen war ein virtuelles Lehr- und Lernformat und deren Bereitstellung in Virtual Reality (VR). Mit sogenannten 360°-Panoramaaufnahmen wurden hochauflösende Bilder realer Waldumgebungen für die VR-Simulation erzeugt, ergänzende virtuelle Inhalte für die didaktischen Elemente schufen die Lehr- und Lernumgebung. Nutzende erhielten in VR z.B waldbauliche, holzerntetechnische oder naturschutzfachliche Fragestellungen und können nun virtuell bspw. Baumarten lernen, den Zustand von Beständen und Waldflächen bewerten, wertvolle Habitate identifizieren oder Holzerntemaßnahmen und Bestandesbegründungen planen.
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Methodik
Für die technische Umsetzung des Projekts konnte Didactic Innovations GmbH aus Saarbrücken gewonnen werden. „Lehr- und Lernumgebungen in Form von virtuellen Realitäten, die mit sogenannten Virtual-Reality-Brillen erfahrbar werden, finden mehr und mehr Akzeptanz in der Praxis“, so Ulrich Storck, Geschäftsführer des Unternehmens. Die Virtual Reality ermöglicht es dem Nutzenden, in virtuelle Simulationen einzutauchen. Das Besondere dabei ist der hohe Grad der Immersion, der mit VR erzielt werden kann, sowie die Möglichkeit, unbegrenzte Lehr- und Lernumgebungen zu gestalten und den Nutzenden ortsunabhängig zur Verfügung zu stellen. Die zunehmende Verbreitung von autarken Standalone-VR-Brillen im letzten Jahr, die leistungsfähig sowie mobil sind, beschleunigen die positiven Entwicklungen. Sie bieten das Potenzial, sich nicht nur in der Forstwirtschaft, sondern branchenübergreifend als zukunftsweisendes Lehr- und Lernmedium zu etablieren.
Mit der Erhebung des Qualifikationsbedarfs und Wissensstands von Kleinprivatwaldbesitzenden wurden Schulungsbedarf und Lerninhalte ermittelt. Lerninhalte wurden in Pilot-Tests und Workshops mit forstlichen Lehrkräften verifiziert und mit forstwirtschaftlichen Themen und Lernzielen aus bestehenden Lehrgängen abgeglichen.
Lerninhalte auf Videobasis wurden erstellt und in Lernszenarien (360°- Aufnahmen) integriert. Das daraus generierte VR-Lernsystem wurde fortlaufend vom Praxis-Partnernetz des KWF auf Praxistauglichkeit bewertet. Marteloskope (detailiert erfasste Waldflächen) können mit den Daten in die Lernumgebung eingebaut werden.
Das KWF nutzt den eigenen bundesweiten und internationalen Wirkungskreis, um dem Projekt VR-FT und seinen Ergebnissen zu einem hohen Bekanntheitsgrad zu verhelfen. Der Fokus liegt hierbei auf Kleinprivatwaldbesitzende und forstliche Beratende. In diesen Zielgruppen ist die Verwendung des Projektinstruments Virtual Reality besonders interessant, um Gamification zu nutzen und dadurch den Spaß und das Interesse an forstlicher Weiterbildung zu fördern. Durch den Einbau der Marteloskope kann ein stärkerer Fokus zu der Waldumgebung und den realen Gegebenheiten hergestellt werden. Die Unterschiedlichen Daten können auf verschiedene Arten in die Projektumgebung integriert werden.
Der Transfer erfolgt durch forstfachliche Messen mit starkem Bezug zum Kleinprivatwald wie z.B. KWF-Tagung, KWF-Thementage, Diskussion- und Workshops, Vorstellen des Projektes und der Projektergebnisse an Forstlichen Bildungszentren, die Kurse für Privatwaldbesitzenden anbieten, Vorstellen des Projektes und der Projektergebnisse an Forstlichen Bildungszentren zur Konzeption von eigenen Weiterbildungsmodulen mit Hilfe der Projektergebnisse. -
Erkenntnisgewinn
Bei einer Zielgruppen- und Interessensanalyse bei Kleinprivatwaldbesitzenden wurde deutlich, dass viele der befragten Waldbesitzenden dem Lehr- und Lernmittel VR nicht abgeneigt sind. Unter den Top 10 der höchsten Weiterbildungsinteressen sind die Themenpunkte Baumarten, Forstschutz und Wiederbewaldung zu nennen. Geeignete Praxispartner wurden in das Vorhaben eingebunden (Forstliches Bildungszentrum Hachenburg, Hessischer Waldbesitzerverband, Landwirtschaftskammer Niedersachsen) zum Abgleich von VR-Lerninhalten und forstwirtschaftlichen Themen und Lernzielen aus bestehenden Lehrgängen. Pilot-Tests der VR-Systeme mit Schulungsleiter:innen und forstlichen Lehrkräften (FBZ Hachenburg) führten zu zielgruppenspezifischen Lerninhalten. In einem für die Video-Umgebung erstellten Marteloskop wurden die Schulungsmaterialien (Bild, Film und Ton) erstellt und integriert. Das Ergebnis sind diverse Lernszenarien in 360°-Schulungsaufnahmen zu einer diversen forstlichen Themenfeldern. Diese wurden mit Lehrkräften aus forstlichen Bildungsstätten hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit und Erweiterbarkeit für forstliche Aus- und Weiterbildungszwecke evaluiert.
In dem webbasierten Autorentool können von Lehrenden durch das Setzen von Interessenspunkten Videos mit dem Foto verknüpft, hochgeladen und in die entsprechenden 360° Panorama-Hintergrundbilder eingebaut werden. Somit ist es individuell möglich zu entscheiden, welche Inhalte, wie und in welchem Umfang auf der Bild-Fläche verteilt werden. Zum Abschluss des Projekts wurde das fertiggestellte System Lehrkräften an zahlreichen forstlichen Bildungszentren (FBZ) vorgestellt. Mit ihnen wurden auch die Möglichkeiten der Einbindung des Systems in die Lehre diskutiert. Die Resonanz der Lehrkräfte zeigt, dass in der Anwendung von VR in der Lehre große Potentiale stecken. Die Herausforderungen werden sein, Lerninhalte auszuwählen, für die diese Lernmedien effizient genutzt werden können und die für die Erstellung der Inhalte erforderlichen Personalkapazitäten bereitzustellen.
Die Daten aus dem Marteloskop konnten erfolgreich in die Lehr- und Lernumgebung integriert werden. Im Zuge des Projektes wurde ebenfalls festgestellt, dass es zukünftige Anknüpfungspunkte von 360-Grad Marteloskopaufnahmen und den Marteloskopdaten geben kann.
Dank der großartigen Zusammenarbeit mit der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), die das Projekt VR-FT als Projektträger des BMEL fördert, konnten vorhandene Geldmittel für eine 360 ° Kamera umgewidmet werden. Klimastabile Baumarten konnten damit realistisch dargestellt werden.
Vielen Dank an das Waldbildungszentrum Hachenburg für die Unterstützung.
Ein großes Dankeschön gilt der FNR, die dies möglich gemacht hat!