Am 26. und 27.04.2023 wurde zu einem Innovationsworkshop ins KWF eingeladen, um Ideen für den Einsatz der Robotertechnik für den Holzernteeinsatz zu evaluieren.
Es nahmen 35 Personen, davon 30 externe, aus unterschiedlichen Institutionen teil. Am ersten Tag wurde neben Impulsvorträgen und einer Visionsreise die World-Café-Methode benutzt, um die Gruppe zur gemeinsamen Arbeit an vielschichtigen Fragestellungen zu veranlassen. Die Visionsreise beinhaltete folgende Fragen, um die Teilnehmenden nach deren Vision für ein robotergestütztes System für die Holzernte zu befragen und daraus Ideen für die Anforderungsanalyse zu erhalten:
Wir beginnen die Visionsreise und springen ein paar Jahre in die Zukunft:
CALAHARI hat sich besser entwickelt, als du es dir je erträumt hättest.
Was ist genau passiert, damit sich alles so toll entwickeln konnte?
Lass deiner Fantasie dabei freien Lauf, du bist nicht an Wahrscheinlichkeiten gebunden.
- Wie genau sieht der Roboter, der durch Calahari-Projekt entwickelt wurde aus? Versuche ihn dir wirklich bildhaft und detailreich vorzustellen
- „Nun geht dein Arbeitstag zu Ende. Du gehst raus und triffst eine befreundete Person, die du schon länger nicht mehr gesehen hast. Sie fragt dich über deine Arbeit aus und du berichtest davon, dass sich alles richtig gut entwickelt hat – was genau erzählst du? Was ist dir besonders wichtig?“
- „Wieder zuhause bekommst du die Info, dass ein großes Magazin über das CALAHARI berichtet hat. Voller Vorfreude klickst du auf den Link – was steht im Artikel drin?“
- „Welches Grundgefühl hat sich bei dir eingestellt? Höre in dich hinein und versuche, einige Begriffe zu finden, die deine Gefühle gut beschreiben.“
Im Anschluss bekamen die Teilnehmenden Reflexionsfragen, welche in der Gruppe als Diskussionsgrundlage dienten.
Bei der World-Café Methode wird das Wissen und die unterschiedlichen Perspektiven gesammelt und untereinander ausgetauscht und somit zu neuen Sichtweisen eingeladen. Dabei wurden an vier Tischen drei Fragerunden â 20 Minuten durchgeführt und dabei ein kreativer Prozess in Gang gesetzt, der den Austausch von Wissen und Ideen unter den Beteiligten förderte und so zu neuen Erkenntnissen führte. Die Fragen zu den jeweiligen Kernthemen Einsatzplanung, Arbeitssicherheit, Transport und Naturschutz waren:
Runde 1:
Welche Anforderungen stellt der Operator an den Einsatz eines Roboters bei der Holzernte?Runde 2:
Wenn das Szenario Wirklichkeit wird, welche Risiken gibt es dann?Runde 3:
Wenn das Szenario Wirklichkeit wird, welche Chancen gibt es dann?
Am zweiten Workshoptag wurden die Teilnehmenden in Arbeitsgruppen eingeteilt, um eine SOAR-Analyse durchzuführen. Die SOAR-Analyse fokussiert sich explizit auf Positives und fragt nach Stärken, Chancen/Gelegenheiten, Bestrebungen/Zielen und Ergebnissen. Zu jedem Kernthema gab es 2-3 themenbezogene Fragen, die die Teilnehmende in der ersten Runde und in einer weiteren, in der die Teilnehmenden zu einem neuen Thema wechselten bearbeiteten und die Antworten einem Realitätscheck unterzogen und priorisierten.
Im folgenden Abschnitt sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.
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Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Als besonders wichtig bei der Frage nach den Chancen und Vorteilen sahen die Teilnehmenden die Verbesserung der Ergonomie und die Reduktion des Unfallrisikos. Dabei spielen die Meldungen an den Operator, sobald sich unbekannte Objekte im Sicherheitsbereich befinden, eine kontinuierliche Umfeld- Überwachung (Ergänzung mit Drohnen zur Hiebsort-Absperrung und -überwachung), eine automatische Warnung und Information an den Waldbesuchenden (Hologramm, Akustik) nach entsprechender Erkennung und ein Arbeits-Stop bei Störungen bzw. unbekannten Situationen eine signifikante Rolle. Um neben unbekannten Objekten auch die Maschine bei einem Unfall zu sichern ist es ebenfalls wichtig, dass der Roboter eine robuste, geschlossene Bauweise aufweist und bei Störungen zur Auffindung bzw. als Information für Bergungs- oder Reparatursystemen die letzte Position an den Operator sendet. Das Hauptziel dieses Kernthemas ist die Reduktion der Unfallzahlen mit möglichst keinen tödlichen Unfällen und auf langfristige Sicht eine Minimierung der aktuellen Unfälle auf 10 % bzw. nur noch Unfälle, die durch höhere Gewalt passieren. Dabei müssen die Nutzervorteile offensichtlich und nachvollziehbar und persönliche Erfahrungen möglich sein.
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Einsatzplanung
Die Stärken und Chancen bei der Einsatzplanung mit einem robotergestützten System bei der Holzernte sind geringere Ausfallwahrscheinlichkeiten, bessere Planbarkeit und bessere zeitliche Planung des Vorgangs, Chance der detaillierten Datensammlung für zukünftige Aktionen und Handlungen, die ständig aktualisiert werden kann, Einsatz ggf. 24/7 und eine Produktivitätssteigerung. Dies könnte zudem die Abrechnung erleichtern und man könnte durch Bestimmung der Holzfrische die Abfuhr priorisieren. Außerdem kann sich eine Maschine im unwägbaren Gelände zuverlässig bewegen und navigieren. Bei der SOAR-Analyse kam man außerdem zu dem Ergebnis, dass es in allen Teilbereichen Sinn macht, teilautonome Systeme einzusetzen, da es um eine komplette Überführung/Transformation geht. Man sollte jedoch bei einfachen bzw. Standardeinsätzen beginnen und dann zu Sonderfällen übergehen. Zudem machen dort, wo Informationen für einen digitalen Zwilling oder KI genutzt werden können, Assistenzsysteme einen hohen Zugewinn.
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Naturschutz
Die Chancen und Stärken hinsichtlich des Naturschutzes beim Einsatz eines Roboters bei der Holzernte sind die geringeren Emissionen, die die gesellschaftliche Akzeptanz erhöhen kann, Integration verschiedener Funktionen (Arbeit, Datenerfassung, Biotoperfassung), die geringere Fehlerhäufigkeit und dadurch weniger Schäden durch KI und die geringere Bodenverdichtung durch den geringeren Kontaktflächendruck. Daraus resultieren folgende Ziele: der digitale Zwilling muss um Naturschutzaspekte erweitert werden, alle relevanten Daten müssen vor der Holzerntemaßnahme bereitgestellt werden, eine Optimierung der Datenerfassung und -auswertung, Entwicklung eines humanoiden Roboters mit Säge, Entwicklung von Systemen, die keinen Bodendruck verursachen, Einsatz neuer Materialien und die Umsetzung der Naturschutzziele auf der Fläche.
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Rücken und Tracing
Die Chancen und Vorteile beim Rücken und Tracing mit einem robotergestützten System bei der Holzernte sind arbeitszeitunabhängiges Rücken (24 Stunden einsetzbar), leichtere Maschinen (Bodenschutz) und Rückung wird einfacher. Außerdem wird die Holzaufnahme und Eichproblematik bei bestehenden Systemen begünstigt, da die Stammabschnitte/Langholz beim Verlassen des Aggregates bzw. bei der Verladung durch LIDAR-Scan per Vollaufnahme vermessen werden können. Zudem wäre es wünschenswert, wenn die Holzaufnahme und Identifikation (Markierung oder Erkennung) ins Gesamtsystem integrierbar wäre und man somit Informationen zum Frischezustand, Einzelbaumposition, Baumart, BHD, Höhe, Vitalität, Sortimente und Echtzeitdaten von der technischen und räumlichen Manipulation des Holzes bekäme.